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Zur Geschichte und Herkunft des Deutschen Reichsadlers

Der Reichsadler des deutschen Kaiserreiches ist für mich eines der schönsten Wappen. Mit diesem Artikel möchte ich etwas auf die Geschichte und Herkunft des deutschen Wappentieres eingehen.

Der Reichsadler des deutschen Kaiserreiches ist schwarz mit rotem Schnabel und roten Fängen. Er trägt auf der Brust den preussischen Wappenschild, dessen Adler mit dem Schilde von Hohenzollern belegt ist. Um den Hals des Reichsadlers hängt die Kette des preussischen „Hohen Ordens vom Schwarzen Adler" und über dem Kopf schwebt die deutsche Reichskrone mit zwei goldenen, ornamentierten Bändern. Die Bänder wurden jedoch weggelassen sobald die Krone ohne den Reichsadler dargestellt wurde.

Die Geschichte des Adlers als deutsches Wappentier

Tiere wurden schon seit jeher als nationale Abzeichen geführt. So führten die Athener z. B. die Eule, die Korinther den Pegasus und die Goten den Bären. Der hohe Flug des Adlers, seine Kraft, die Kühnheit und sein scharfer Blick machten ihn zum König der Lüfte, weshalb Majestäten sich gerne mit ihm schmückten.
Der deutsche Adler hat seinen Ursprung bei den Römern, wo er auf den Standarten der siegreichen Legionen geführt wurde und nach und nach das Sinnbild des römischen Reiches wurde. Plinius schreibt das die Römer anfangs den Wolf, das Pferd, den Eber, den Minotaurus und den Adler auf ihren Feldzeichen trugen. Marius aber führte allein den Adler und schaffte die übrigen Feldzeichen ab. Seitdem wuchs das Ansehen des Adlers beim römischen Volk stetig an. Er wurde das Abzeichen des römischen Heeres, der römischen Herrschaft, ja sogar des römischen Reiches. Die Kaiser schmückten sich gerne mit ihm, auch weil dieses Tier der Begleiter des Himmelskönigs Jupiter war und damit zugleich das Symbol der königlichen Majestäten. So wurde der Adler nach und nach heilig.

Josephus berichtet das die Römer ihre Feldzeichen in die Tempel von Jerusalem brachten und ihnen dort Opfer dargebracht hätten; und Tertullian macht ihnen in seinem Apologeticus den Vorwurf, sie hätten ihre Standarten höher geehrt als alle Götter.
So ist es nicht verwunderlich das eine Verwendung des Adlers als Herrschersymbol bereits den Zeiten Karl des Großen zugeschrieben wird, der nicht zuletzt den Grundstein für die Gründung des „Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nationen“ legte. Dieser soll schon im Jahr 800, dem Jahr seiner kaiserlichen Krönung, den Adler als Zeichen des römischen Reiches für sich beansprucht haben.

Ein heraldischer Beleg zur Verwendung des Adlers als Reichswappentier in Deutschen Landen kann jedoch nur bis ins 12. Jahrhundert nachgewiesen werden. Das wohl älteste bekannte deutsche Reichssiegel mit einem Adler ist von 1157 n. Chr. und gehörte Herzog Berthold IV. von Zähringen, einem der einflussreichsten Herzögen in Schwaben (Bild 1). Die Verwendung des Adlers im Siegel sollte die hohe Stellung des Herzogs im Reich widerspiegeln.

Bild 1: Rückseite des Zähringer Siegels mit dem abgebildeten Reichsadler. Dieses gehörte Berthold V. von Zähringen und stammt aus dem Jahr 1219. Er war der Sohn von Berthold IV. von Zähringen (Quelle: https://diezaehringer.eu)


Der Reichsadler des deutschen Kaiserreiches

Am 18. Januar 1871 erfolgte im Spiegelsaal des Schlosses zu Versailles die feierliche Proklamation des Deutschen Reiches und die Annahme der Kaiserwürde. So hastig die Planung dafür erfolgte und auch der Akt vor sich ging, so hastig wurde auch über mehrere Nächte ein Interimswappen zusammengebastelt, welches als erstes Wappen des Deutschen Kaiserreiches anzusehen ist und bis zum 3. August offiziell geführt wurde. Dieses zeigte einen goldenen, unten zugespitzten Schild mit einem einköpfigen, rot bewehrten, schwarzen Adler, auf dessen Brust der Schild von Hohenzollern lag. Über dem goldenen Schild schwebte die Krone des „Heiligen Römisch Reiches Deutscher Nationen“. Bild 2 zeigt das Original-Wappen, welches seit 1881 im Hohenzollern- Museum in Berlin (heute SPSG - Stiftung Preussischer Schlösser und Gärten) verwahrt wird.
Die Idee zu dieser heraldischen Komposition kam vom damaligen Kronprinzen und späteren Kaiser Friedrich III. Die Zeichnung fertigte Graf Ferdinand von Harrach an, während ein Kaufmann Carl Louis Magnus aus Berlin sich um die Ausführung kümmerte. Der Schild, ein Stück Pappe, wurde mit Goldbrokat bezogen und der Adler aus schwarzem Samt aufgeklebt. Zur Dekoration der Kaiserkrone wurden Perlen, Fischschuppen und farbige Stoffstückchen benutzt, welche die grossen Edelsteine darstellen sollten. Ironischerweise wäre das Wappen ohne die Hilfe einer Französin nicht rechtzeitig fertig geworden. Es fehlten nämlich die Materialien, welche die Edelsteine auf der Krone markieren sollten. Doch es gelang Kaufmann Magnus das Herz einer französischen Bediensteten zu erreichen, die ihm die fehlenden Materialien besorgte.
Für seine Verdienste um die Herstellung des Interimswappens wurden dem Kaufmann Magnus von Kaiser Wilhelm II. im Jahr 1896 goldene, mit dem Reichsadler, Saphiren und mit Brillanten versehene Manschettenknöpfe geschenkt (Bild 3).
Es gab auch noch Überlegungen die mitraförmige Krone des Kaisers Ludwig dem Bayern, wie sie auf seinem Denkmal aus dem 15. Jahrhundert in der Frauenkirche zu München gestaltet wurde, und den doppelköpfigen Adler als Reichsadler zu verwenden. Doch letztlich verwarf man die Ideen aus zweierlei Gründen wieder; erstens weil man die Krone nicht in Natura besaß (das Original lag in Wien und wurde von Österreich-Ungarn geführt) und zweitens, weil Krone und Doppeladler keinen Bezug zum neuen Reich hatten. Der neue Kaiser stellte gewissermaßen das Oberhaupt des Protestantismus in Deutschland dar und die Krone hatte einen ausgesprochen katholischen Charakter. Selbiges betraf den Doppeladler vom „Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nationen“, dessen 2 Köpfe wohl die „deutschen Länder“ und „Rom“ symbolisieren sollen.

Bild 2: Erstes Wappen des Deutschen Kaiserreiches (Sammlung Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Inventar-Nr. SPSG, IX 7696)


Bild 3: Abschrift des Verleihungstextes für die Geschenkten Manschettenknöpfe von Kaiser Wilhelm II. an den Kaufmann Magnus (Der Deutsche Herold - Band 27 von 1896)


Aus genannten Gründe entschied man sich letztendlich für einen einköpfigen Adler, wie ihn die deutschen Kaiser vor Sigismund (1434) und die späteren deutschen Könige vor ihrer Kaiserkrönung in Rom führten und wie ihn die Heidelberger Minnesänger Liederhandschrift aus dem 14. Jahrhundert zeigt (Bild 4).

Bild 4: Wappen Kaiser Heinrich V., Sohn von Babarossa (1190-1197 - Große Heidelberger Liederhandschrift)


Bild 5: Abschrift der AKO über die Freigabe des deutschen Reichsadlers auf dem Kaiserlichen Wappen vom 3.8.1871 (Reichsgesetzblatt 1871, inkl. Korrektur von Seite 458)


  • Mit dem allerhöchsten Erlass vom 27.4.1871 wurde der einköpfige Adler mit dem preussischen Adlerschild auf der Brust bis auf weiteres als Emblem für die Siegelstempel angeordnet.
  • Zudem wurde er mit einem Erlass aus Koblenz vom 3.8.1871 für das kaiserliche Wappen und die Standarte festgelegt, wobei der preussische Adler hier noch den Schild der Hohenzollern tragen sollte (Bild 5).
  • Am 15.10.1871 wurde dann auch das Wappen der Kaiserin, des Kronprinzen und überhaupt alle noch fehlenden kaiserlichen Wappenschilde festgelegt.

Der 1871 vom Amt genehmigte Reichsadler blieb für die Regierungszeit Kaiser Wilhelm I. und Kaiser Friedrich III. unverändert.

  • Der Adler war schmal und streckte seine etwas wulstigen Flügel hoch empor. Der Schild auf der Brust war recht groß, wodurch der Reichsadler insgesamt etwas gedrungen wirkte (Bild 6).
  • Die Kaiser-Krone von 1871-1889 war höher als die von 1889 und die Kronenplatten standen schräg, so dass der Kronen- Durchmesser unten geringer war als oben (Bild 7).
  • Auch die Krone der Kaiserin von 1871, welche von Kaiserin Augusta und Kaiserin Friedrich verwendet wurden, war höher als die Krone von 1889 (Bild 8).
  • Die Krone des kaiserlichen Kronprinzen war die einzige Rangkrone die von 1871 bis 1918 unverändert blieb (Bild 9).
Bild 6: Reichsadler von 1871 - 1889


Bild 7 - 9: Reichskronen ab 1871 - 1901


Erst 1889, kurz nachdem Kaiser Wilhelm II. seine Regierungszeit antrat, wurden die Reichswappen abgeändert.

  • Der 1889 allerhöchst beauftragte und genehmigte Reichsadler wurde von Professor Carl Emil Döpler aus Berlin entworfen und war in seiner Gestaltung feiner und die Proportionen waren gefälliger (Bild 10).

Ganz im Sinne des damaligen Zeitgeschmacks wurden auch die Krone des Kaisers und der Kaiserin verändert:

  • Die Kronenplatten der Kaiserkrone von 1889 standen nun senkrecht und die Krone war etwas niedriger als die vorherige. Die Bänder der kaiserlichen Krone fielen nun nicht mehr aus der Mitte der Krone herab, sondern vom hinteren Rand der Krone (Bild 11).
  • Auch die Krone der Kaiserin wurde niedriger und wirkte in meinen Augen insgesamt graziler (Bild 12).
Bild 10: Reichsadler ab 1889 - 1918


Bild 11 + 12: Reichskronen ab 1889 - 1918


Quellen:

  • Der deutsche Adler und die deutschen Farben geschichtlich erörtert, 1848
  • Der deutsche Adler nach Siegeln geschichtlich erläutert, 1858
  • Deutsche Wappenrolle, enthaltend alle Wappen, Standarten, Flaggen, Landesfarben und Kokarden des deutschen Reiches, seiner Bundesstaaten und regierenden Dynastien, 1897
  • Reichsgesetzblatt, 1871
  • Geschichte der Heraldik: Handbuch der heraldischen Terminologie in 12 germanischen und romanischen Zungen : enthalten zugl. die Haupt-Grundsätze der Wappenkunst, 1890
  • Die Attribute des neuen deutschen Reiches, 1872
  • Das Wappen Ihrer Majestät der deutschen Kaiserin und Königin von Preussen Auguste Victoria Prinzessin zu Schleswig-Holstein, 1890
  • Der Deutsche Herold, Band 27 von 1896
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