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Die Geschichte der Pickelhauben-Kokarden

VORWEG MÖCHTE ICH FOLGENDEN PERSONEN FÜR IHR FREUNDLICHE UNTERSTÜTZUNG DANKEN, DA ICH INFORMATIONEN UND BEISPIELBILDER VON IHNEN VERWENDEN DURFTE. MEIN DANK RICHTET SICH AN JAMES LEBRASSEUR, JOHN MANN, JOHN SCHULER, TONY SCHNURR, BERNARD VITTE UND BRIAN LORÉE

Schon zur Zeit des Rittertums wurde am Helm irgend eine Art von Abzeichen getragen. Diese Sitte wurde später in Form der Kokarde an den Kopfbedeckungen weitergepflegt. Ursprünglich wurden im 17. Jahrhundert farbige Bandschleifen zur Unterscheidung der Kompanien einzelner Truppenkörper an den Kopfbedeckungen getragen. Aus diesen entstanden zunächst die Rosetten, indem man die Bänder überkreuz legte und sie mithilfe eines Knopfes an der Kopfbedeckung befestigte. Für militärische Zwecke fertigte man diese Rosetten aus beständigeren Materialien wie Leder oder Blech und bemalte sie in den Landesfarben. Damit war die zuletzt bekannte Form der Kokarde entstanden.

Die frühesten Kokarden als Zeichen eines Herrscherhauses war die orangefarbene Kokarde der Oranjer. Durch die Französische Revolution und Napoleons Kriegszüge durch ganz Europa wurde die Idee der National-Kokarde dann weit verbreitet.
In den Armeen Deutscher Armeen wurde sie um 1810 allgemein eingeführt. Sie diente zuerst nur dazu die regionale Herkunft des Trägers aufzuzeigen, später konnte man durch sie aber auch grob auf den Rang des Trägers schliessen, da sie für Mannschaften und Offiziere (noch später auch Unteroffiziere mit Portepee) unterschiedlich gestaltet war. In den Deutschen Staaten wurde sie an allen militärischen Kopfbedeckungen (mit Ausnahme der Grenadiersmützen) getragen, dieses Essay geht aber nur auf die Kokarden an den Pickelhauben ab 1842 ein.

Lange wurde in Preussen und in den Deutschen Staaten nur die Landeskokarde auf der rechten Seite getragen, welche wie bereits erwähnt stets in den Farben des Vaterlandes gestaltet war. Mit den Abschlüssen der Militär-Konventionen für den Norddeutschen-Bund und der Gründung des Deutschen Kaiserreichen (siehe 1867-1871) wurden aber die Armeen vieler kleinerer Deutscher Staaten in die Preussische Armee integriert. Die Soldaten dieser Länder trugen daher die Preussische Kokarde auf der linken-, und die Kokarde ihres Heimatlandes auf der rechten Seite. Weit nach der Gründung des Kaiserreiches wurde dann im Jahr 1897, dem Jahr in dem der Reichsgründer Kaiser Wilhelm I. seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte, die Deutsche Reichskokarde in Schwarz-Weiß-Rot, bzw. Schwarz-Silber-Rot für die Offiziere, allgemein eingeführt. Durch die Einführung der Reichskokarde wechselte die Landeskokarde auf die linke Seite und die Reichskokarde nahm den Platz auf der rechten Seite des Helmes ein. Bei den außer-preussischen Ländern, deren Armeen um 1870 in die Preussische Armee integriert wurden, trugen die Soldaten ab 1897 die Kokarde ihres Heimatlandes auf der linken Seite und legten die Preussische Kokarde ab.

Die neuartigen Pickelhauben samt Kokarden in den Farben des jeweiligen Landes (zumeist nach preussischem Vorbild gefertigt) wurden wie folgt in den Armeen der Deutschen Staaten eingeführt:


Die Farben der Landeskokarde (Aufzählung von Innen nach Außen) der verschiedenen Deutschen Staaten waren wie folgt:

  • Preussen: Schwarz-Weiß-Schwarz
  • Bayern: Weiß-Hellblau-Weiß
  • Sachsen: Weiß-Grün-Weiß
  • Württemberg: Schwarz-Rot-Schwarz (oder rot mit schwarzem Rand)
  • Baden: Gelb-Rot-Gelb (oder rot mit gelbem Rand)
  • Hessen-Darmstadt: Weiß mit 2 roten Ringen
  • Mecklenburg-Schwerin and Strelitz: Rot-Gelb-Blau
  • Oldenburg: Blau-Rot-Blau
  • Sachsen-Weimar-Eisenach: Schwarz-Grün-Gelb
  • Braunschweig: Blau-Gelb-Blau
  • Anhalt: Grün
  • Die 3 sächsischen Groß-Herzogtümer: Weiß-Grün-Weiß (bis 1867)
  • Schwarzburg-Rudolstadt: Weiß-Blau -Weiß (bis 1867)
  • Schwarzburg-Sondershausen: Weiß-Blau-Weiß (bis 1867)
  • Reuss: Schwarz-Rot-Gelb
  • Schaumburg-Lippe: Blau-Rot-Weiß (oder weiß-rot-weiß)
  • Lippe-Detmold: Gelb-Rot-Gelb (oder rot mit gelbem Rand)
  • Waldeck-Pyrmont: Schwarz-Rot-Gelb (oder rot mit gelbem Rand)
  • Hamburg, Bremen, Lübeck: Weiße Kokarde mit rotem Malteserkreuz (bis 1897)

1867 wurden folgende Landeskokarden modifiziert:

  • Die 3 sächsischen Groß-Herzogtümer: Grün-Weiß-Grün
  • Schwarzburg-Rudolstadt: Blau-Weiß-Blau
  • Schwarzburg-Sondershausen: Weiß-Blau-Weiß

1897 wurden folgende Landeskokarden modifiziert:

  • Sachsen-Weimar-Eisenach: Schwarz-Gelb-Grün
  • Bremen: Die Kokarde hatte kein Kreuz mehr in der Mitte, Farben waren jetzt Weiß-Rot-Weiß
  • Hamburg: Das Kreuz war jetzt ein Hanseaten-Kreuz (ohne die keilförmigen Einkerbungen an den Enden)
  • Luebeck: Das Malteser-Kreuz ging nicht mehr bis zum Rand der Kokarde, sondern Endete etwas über der Hälfte vom Radius
MITTE DES 19. JAHRHUNDERTS WURDE IN DEUTSCHLAND LANGSAM VOM ZÖLLISCHEN- AUFS METRISCHE-EINHEITSSYSTEM UMGESTELLT UND DIE MASSVORGABEN DESHALB NEU GERUNDET. DA ZUVOR ABER JEDES LAND SEINE EIGENE DEFINITION FÜR 1 ZOLL HATTE, SIND GRÖSSERE MASS-SPANNEN AUCH BEIM KOKARDEN-DURCHMESSER, GERADE AN FRÜHEN HELMEN, DURCHAUS NORMAL. AUS DIESEM GRUND GEBE ICH DIE KOKARDEN-DURCHMESSER IN SPANNEN VON 5 MM  AN.

1842 (Preussen):

In diesem Jahr wurde Pickelhaube M/42 in Preussen eingeführt.

  • Mannschaften: Die Kokarde bis zum Vize-Feldwebel bestand aus einer geschwärzten, wellig gepressten Lederscheibe mit 2 mm Dicke, gezacktem Rand und einem Durchme sser von 70 - 75 mm. Rund 7 - 8 mm vom gezackten Rand entfernt wurde ein rund 5 mm breiter weißer Ring aufgemalt (Bild 1).
  • Offiziere: Feldwebel und Offiziersränge trugen ebenfalls eine lederne Kokarde mit einem Durchmesser von 70 - 75 mm und 2 mm Dicke, jedoch hatte sie anstelle des aufgemalten weißen Ringes der Mannschafts-Kokarde einen versilberten Metall-Ring, der mit einer Zierprägung in Form einer diagonalen Schraffur dekoriert wurde (Bild 2). Dadurch ähnelt der Ring einer Kordel, die damals gern als Zierde für verschiedenste Gegenstände verwendet wurde.
  • Offiziere im Leib-Kürassier-Rgt. Nr. 1: Aufgrund der Regiments-Geschichte trugen die Offiziere dieses Regiments auch an der Metall-Pickelhaube von Beginn an eine Kokarde in Alt-Hessischer Form, welche in diesem Essay als „Extra-Typ 1“ beschrieben wurde, entsprach. Sie bestand aus einer schwarz lackierten und in Falten gepressten Scheibe aus Silber mit einem unlackierten Randstreifen. Zudem waren sie an einer Seite abgeflacht und spätestens ab 1896 nur noch 50 mm groß (siehe Bekl.Vorschrift für Offiziere - Teil 2 von 1896).
Bild 1: Lederne Mannschafts-Kokarde 1842, 70 - 75 mm Durchmesser mit weiß aufgemaltem Ring


Bild 2: Lederne Offiziers-Kokarde 1842, 70 - 75 mm Durchmesser mit versilberten Metall-Ring


1844:

  • Unteroffiziere mit Portepee: Am 9.3.1844 erhielten Unteroffiziere mit Portepee das Recht die Offiziers-Kokarde zu tragen. Portepee-Fähnriche und Musikmeister mussten sie sich aber auf eigene  Kosten beschaffen.
Dienst-Vorschriften der Königlich Preussischen Armee: Innerer Dienst, Garnisonsdienst - Bände 1-2, Seite 69 (http://books.google.de)


1846:

  • Mannschaften: Da die Farbe auf dem Leder schlecht hielt, wurde am 27.10.1846 per AKO gestattet Kokarden aus Wolle zu tragen (Bild 3).
  • Offiziere: Offiziere trugen damals vielfach Kokarden aus Seide (Bild 4). Da diese aber nicht sehr Haltbar waren, stellte man später auf metallene Kokarden um.
Bild 3: Wollene Mannschafts-Kokarde, 70 - 75 mm Durchmesser


Bild 4: Seidene Offiziers-Kokarde, 70 - 75 mm Durchmesser


1848-1851:

In der Revolutions-Zeit vom 21.3.48 bis 14.3.51 wurde links eine “Deutsche Kokarde” in „Schwarz-Rot-Gold“ (Aufzählung von Innen nach Außen) an den Helmen der Deutschen Staaten getragen (Bild 5). Dieser Kokarden-Typ wurde aber nach dem Scheitern der Revolution wieder abgelegt.

Bild 5: Seidene „Deutsche Kokarde“ von 70 - 75 mm Durchmesser (Quelle: http://masas-attic.jugem.jp/?eid=149)


1857:

Ende 1857 wurde die Pickelhaube M/57 eingeführt und entschieden die Kokarden aus einem haltbareren Material zu fertigen. Da der Lack auf dem Leder leider nicht gut hielt und die Stoff-Kokarden nicht sehr langlebig waren, war dies ein längst überfälliger Schritt.

  • Mannschaften: Die Kokarde war nun eine in Falten gepresste metallene Scheibe, immer noch mit einem Durchmesser von 70 - 75 mm und einem farbig aufgemalten Ring (Bild 6). Mittig hatte sie ein ca. 8 - 9 mm großes Loch zur Befestigung unter der Schuppenkette. Das Material war zumeist Eisenblech, in Baden wurde jedoch bevorzugt Messingblech verwendet, da sie so nicht lackiert werden musste und nur ein roter Ring aufgemalt werden musste.
  • Offiziere: Die Kokarden der Offiziere wurden jetzt ebenfalls aus Metall gefertigt. Jedoch wurde der Ring nicht aufgemalt, sondern war wie zuvor ein versilberter Aufsteckring aus Metall (Bild 7).
  • Issue-Helme: Umgerüstete Helme behielten zumeist ihre alten Kokarden. Um Kosten zu sparen wurden die geplanten Tragezeiten für Kokarden, die damals 5 Jahre betrug, wenn möglich eingehalten.
Bild 6: Metall-Kokarde M1857, mit 70 - 75 mm Durchmesser


Bild 7: Metall-Kokarde M1857 für Offiziere, mit 70 - 75 mm Durchmesser


1862:

Im Jahr 1862 wurde ein neues Modell des Kürrassier-Helmes eingeführt, welches auch eine kleinere Kokarde mit sich brachte.

  • Metall-Helme: Der Kokarden-Durchmesser für die metallenen Kürassier-Helme, der zuvor mit dem Durchmesser der Kokarden an den Lederhelmen identisch war, wurde für Mannschaften und Offiziere auf 60 - 65 mm verringert. Dieser Kokarden-Durchmesser wurde für alle metallenen Pickelhauben, auch für die später aufkommenden Metall-Helme der Jäger zu Pferde, bis zuletzt beibehalten.

1867:

  • Mannschaften: Am 16.3.67 wurde die Helm-Höhe erneut reduziert und damit einher wurde auch der Kokarden-Durchmesser erstmalig angepasst. Die Mannschafts-Kokarde wurde auf einen Durchmesser von rund 50 mm verkleinert (Bild 8).
  • Offiziere: Auch die Offiziere erhielten am 2.5.67 einen niedrigeren Helm M/67. Für sie wurde aber ein ganz neues Kokarden-Modell eingeführt, welches sich in Größe und Gestaltung von der Mannschafts-Kokarde unterschied. Die „Doppelring“ oder „Zwillingsring“ Kokarde hatte einen Durchmesser von 55 mm und einen neu gestalteten versilberten Aufsteckring von 5 mm Breite. Dieser bestand aus 2 miteinander verbundenen Ringen von 2,5 mm Breite, die mit leicht erhöhten dünnen Rändern (der innere Rand war manchmal auch nur gepunktet) eingefasst waren. Auf der Fläche zwischen den erhöhten Rändern wurde meist ein dekoratives Fischgrätmuster eingeprägt (Bild 9 rechts). Unterschiedliche Designs lassen aber auf etwas Gestaltungsspielraum seitens der Hersteller schliessen. Vom äußeren gezackten Rand der Kokarde sollte laut Vorschrift noch ein ca. 8 mm breiter Ring zu sehen sein.
  • Unteroffiziere mit Portepee: Nachdem die Offiziere die Doppelring-Kokarde erhielten, trugen Unteroffiziere mit Portepee eine Kokarde im Stil der alten Offiziers-Kokarde weiter. Wie die Mannschafts-Kokarde hatte sie jedoch einen Durchmesser von rund 50 mm (Bild 9 links).
  • Sachsen führte die Pickelhaube ein. Die Sächsischen Kokarden der vorherigen Helme wurden unverändert übernommen und hatten einen Durchmesser von nur 47 mm (2 Zoll).
Bild 8: Kokarde M1867 mit 50 mm Durchmesser


Bild 9: Kokarden für UO mit Portepee 50 mm (Links) und Offiziere mit Doppelring 55 mm (Rechts)


1871:

  • Nach der Gründung des Deutschen Kaiserreiches übernahm am 25.9.1871 auch das Königreich Württemberg die Pickelhaube nach preussischem Vorbild. Die Württembergische Kokarde nach badischem Vorbild wurde weiterhin getragen, es gab sie aber auch nach preussischem Vorbild, mit gezacktem Rand.
  • Ebenfalls wurde der preußische Helm in den nun wieder Deutschen Reichslanden Elsass und Lothringen eingeführt.

1867 - 1871:

Mit Abschluss der Militär-Konventionen von Preussen und vieler kleinerer Deutscher Fürstentümer in den Jahren 1867/1868, sowie nach der Gründung des Deutschen Kaiserreiches im Jahr 1871, wurden nach einer Heeres-Reorganisation die Truppen kleinerer Deutscher Bundesstaaten in die Preussische Armee integriert und die Vorschriften der Armeen größerer Staaten mit den Preussischen harmonisiert. In allen Fällen, wo von den Offizieren und Mannschaften neben der Preussischen- auch die Landeskokarde am Helm anzulegen war, wurde die Preussische Kokarde an der rechten Seite und die Landeskokarde an der linken Seite getragen:

  1. Die Preussische- und die heimatliche Landeskokarde trug jeder nicht-preussische Soldat, der in einer Preussischen Einheit diente die nicht in seinem Heimatland stationiert war. Ferner alle braunschweigischen Staatsangehörigen, die Offiziere der anhaltischen und thüringischen Infanterie-Regimenter Nr. 93 bis 96, aus Sachsen-Weimar, aus den 3 sächsischen Großherzogtümern, aus Reuß und aus Schwarzburg, sowie die Offiziere der badischen Truppenteile (mit Ausnahme der Generale und des Generalstabes, die nur die Preussische Kokarde trugen).
  2. In Bayern, Sachsen, Württemberg und Mecklenburg wurde allein die Landeskokarde getragen. Ebenso trugen die Mannschaften der anhaltischen und thüringischen Infanterie-Regimenter Nr. 93 bis 96, aus Sachsen-Weimar, aus den 3 sächsischen Großherzogtümern, aus Reuß und aus Schwarzburg nur die Landeskokarde am Helm.
  3. In Oldenburg trugen die Offiziere nur die Preussische Kokarde. Die zum stehenden Heer gehörenden oldenburgischen Mannschaften trugen, sofern sie oldenburgische Staatsangehörige waren, die Preussische und die Landeskokarde am Helm.
  4. Die Mannschaften der badischen Truppenteile trugen nur die Badische Kokarde am Helm. Die Offiziere der zum 14. (Badischen) Armee-Korps abkommandierten Preussischen Regimenter legten hingegen die Badische Kokarde nicht an und trugen nur die Preussische Kokarde.

1886:

Nachdem ihre Herrscher Herzog Wilhelm von Braunschweig (†1884) und König Ludwig II. von Bayern (†1886) kurz hintereinander verstarben, die sich bisher gegen eine Einführung der Pickelhaube verweigert hatten, führten Braunschweig und Bayern den Helm nun doch ein. Die Kokarde bestand in Braunschweig aus Eisen- oder Messingblech, in Bayern aus Neusilber- oder Eisenblech.

1887:

  • Mannschaften: Durch Einführung der neuen Kinnriemen-Befestigung mit Haken und Dornschnalle für den Helm M/87 (Bild 10) wurden zusätzliche kleine Löcher in den inneren Kranz der Kokarde gestanzt (Bild 11). Diese waren zum Befestigen der Haken-Befestigung notwendig, damit diese sich nicht verdrehen konnten. Auch manch ältere Kokarden wurden mit dem zusätzlichen Loch für die Haken-Befestigung nachgerüstet.
Bild 10: Helm M87 mit der besonderen Kinnriemen-Befestigung


Bild 11: Kokarde mit Loch für M87 Kinnriemen-Befestigung


1891:

  • Mannschaften: Da die Haken-Befestigung sich als unpraktisch erwies wurde für die Mannschaften bereits 1891 eine neue Kinnriemen-Befestigung eingeführt. Die M/91-Kinnriemen-Befestigung bestand aus einem kleinen zylindrischen Knopf mit einem nach Hinten gerichteten Pfeil daran (Bild 12). Durch diesen konnte die Metallschlaufe des Kinnriemens, die mit einer passende Kerbe versehen war, nicht verloren gehen, da man den Kinnriemen nur nach Hinten gerichtet abnehmen konnte. Für die neue Befestigung wurde das zentrale Aufnahmeloch der Kokarden auf 14 - 15 mm vergrößert, der Durchmesser betrug 1891 aber immer noch 50 mm (Bild 13).
  • Unteroffiziere mit Portepee: Die Kokarde für Unteroffiziere mit Portepee hatte ebenfalls noch einen Durchmesser von 50 mm und erhielten die vergrößerte Aufnahmebohrung von 14 - 15 mm für die neue Kinnriemen-Befestigung. Wie zuvor hatte sie aber den versilberten Aufsteckring im Design der alten Offizier-Kokarde.
  • Issue-Kokarde: Ältere Kokarden wurden einfach aufgebohrt und manchmal auch nach sächsischem Vorbild mit einer V-förmigen Einkerbung versehen, um sie über den M/91-Befestigungsknopf zu schieben (Bild 14). Teilweise wurden aber auch nur 2 kleine Löcher neben die kleine Aufnahmebohrung von 8 - 9 mm Durchmesser gesetzt, womit die Kokarden über die Arretierung-Zapfen des M91-Knopfes geschoben werden konnten (Bild 15/16). Die letzt genannte Anpassung hatte sogar den Vorteil das die Kokarden selbst dann nicht verloren gehen konnten, wenn der Kinnriemen abgenommen wurde.
Bild 12: Helm M91 mit der neuen Kinnriemen-Befestigung
Bild 14: Issue Kokarde M91 für Mannschaften mit V-förmiger Nut
Bild 16: M91-Knopf mit Arretierungs-Zapfen


Bild 13: Kokarde M91 für Mannschaften, D=50mm und 14 - 15 mm Aufnahmebohrung
Bild 15: Beispiel einer Offizierskokarde mit M91-Anpassung


1895:

  • Mannschaften: Mit der weiteren Reduzierung in der Höhe vom neuen Helm M95, der nur für die Fusstruppen eingeführt wurde, wurde auch der Kokarden-Durchmesser geringfügig reduziert und betrug nun 48 mm. Da Sächsische Kokarden schon längst nur 47 mm maßen, wurden sie nicht verändert.
  • Berittene Einheiten: Da der Helm M/95 nicht nur etwas niedriger war, sondern für ihn auch dünneres Leder verwendet wurde, verzichtete man bei reitenden Einheiten aus Sicherheitsgründen vorerst auf ihn. Sie behielten somit vorläufig den Helm M91 mit dem dickeren Leder und auch die Kokarde hatte weiterhin einen Durchmesser von 50 mm.
  • Offiziere: Obwohl der niedrigere Helm M/95 auch für Offiziere eingeführt wurde, wurde die Offizierskokarde nicht geändert. Sie hatte immer noch einen Durchmesser von 55 mm. In dem Entwurf der Bekleidungsvorschrift für Offiziere von 1895 wurde aber auch eine Offiziers-Kokarde aus Blankleder aufgeführt. In der endgültigen Fassung der Bekleidungsvorschrift für Offiziere von 1896 wurde aber wieder eine metallene Kokarde vorgeschrieben. Die Version 1899 enthielt hingegen nur eine Größenvorgabe von 55 mm, ohne ein Material zu nennen. Falls also eine lederne 55 mm Offiziers-Kokarde an einem M/95 Offiziers-Helm gefunden würde, wäre sie zwar äußerst selten, kann aber auch original sein.

1897:

Einführung der Reichskokarde für alle Dienstgrade. Sie wurde am Helm auf der rechten Seite getragen, während die Landeskokarde auf die linke Seite wechselte. Die außer-preussische Soldaten, die bisher die heimatliche Landeskokarde und die Preussische Kokarde trugen, legten die Preussische Kokarde ab und trugen nun nur noch die heimatliche Landeskokarde und die Reichskokarde. Der Durchmesser der Mannschafts-Kokarden und die der Unteroffiziere mit Portepee für die ledernen Helme betrug nun für alle Einheiten 48 mm. Der Ring war laut Vorschrift 5 mm breit und im Durchmesser nicht größer als 46 mm. Der Durchmesser der Offiziers-Kokarden blieb unverändert bei 55 mm.

1915:

In diesem Jahr gab es die letzte Anpassungen der Pickelhaube und damit auch der Kokarden für Lederhelme. Der Helm M/15 wurde für Offiziere und Mannschaften eingeführt.

  • Mannschaften und Unteroffiziere mit Portepee: Für genannte Truppen änderten sich die Kokarden nicht.
  • Offiziere: Das zentrale Aufnahmeloch der Offiziers-Kokarden, welches sich bis dahin nie geändert hatte, wurde nun ebenfalls auf 14 - 15 mm vergrößert und an den M/91-Befestigungsknopf angepasst (Bild 17). Die Offiziers-Kokarde behielt aber den Durchmesser von 55 mm.
  • Issue-Helme und Ersatzhelme: Ältere Kokarden wurden ähnlich wie die Mannschafts-Kokarden 1891 angepasst. 1915 sind auch noch „Issue“ Mannschafts-Kokarden von 1891 an den Helmen zu finden. Die unterschiedlichen Durchmesser von 50 mm oder 48 mm ware n wohl zu unauffällig, weshalb gut erhaltene Kokarden der größeren Variante bis zuletzt in Verwendung blieben.
  • Zudem sind lederne Kokarden mit 48 mm Durchmesser teilweise an 1914 BING Ersatzhelmen aus Metall zu finden! Vermutlich wollte man damit metallisches Klappern und auch ein Zerkratzen der metallenen Helmschale zu vermeiden.
Bild 17: Offizierskokarde M15 Mit Aufnahmebohrung von 14 - 15 mm Durchmesser



Regionalen Besonderheiten von Kokarden einzelner Bundesstaaten

In Baden, Sachsen, Württemberg und Anhalt wurde oft eines der 2 folgenden Kokarden-Muster verwendet:

  • Extra Typ 1 (Alt-Hessische) waren einteilige Offiziers-Kokarden aus dünnem, in Falten gepresstem Blech mit glattem Rand. Auf der Scheibe waren dünne Linien in Form konzentrischer Kreise eingepresst. Diese Kokarde hatte keinen Ring, sondern nur einen farbigen Rand (Bild 18).
BILD 18: Extra Typ 1 Offiziers-Kokarde mit konzentrischen Kreisen


BILD 19: Nahaufnahme einer Extra Typ 2 Reichskokarde mit konzentrischen Kreisen


  • Extra Typ 2 waren einteilige Offiziers-Kokarde aus dünnem Blech mit glattem Rand. Auf der Scheibe waren Speichen und eng angeordnete konzentrische Kreise in Form dünner Linien eingepresst und die Felder zwischen den Speichen waren leicht wellig. Etwa 5 mm vom äußeren Rand entfernt war ein 5 mm breiter Ring durch 2 etwas dickere Randlinien hervorgehoben (Bild 19 (hier eine Reichskokarde) oder Bild 20).
  • Hessische Mannschafts- und Offiziers-Kokarden ware n den beiden Extra Typen sehr ähnlich, nur wurden bei ihr 2 leicht vertiefte Ringe eingepresst, die bei Mannschaften rot bemalt und bei Offizieren rot emailliert wurden (Bild 21 rechts).
Bild 20: Sächsische Extra Typ 2 Offiziers-Kokarde


BILD 21: Sächsische geriffelte Mannschafts-Kokarde (Links) | Hessische Extra Typ 2 Mannschafts-Kokarde mit konzentrischen Kreisen und 2 Ringen (Rechts)


  • Sächsische Kokarden hatten schon 1867 einen Durchmesser von nur 47 mm. Es waren einteilige weiße Kokarden aus dünnem Blech mit glattem Rand. Auf der Scheibe war ein enges Riffel-Muster eingeprägt und ca. 5 - 6 mm vom Rand entfernt wurde ein ca. 5 mm breiter und etwas vertiefter grün bemalter Ring eingeprägt. Ab 1895 wurden „V“-förmige Ausschnitte an der Bohrung vorgeschrieben (Bild 21 links). Bei Offizieren war die Scheibe silbern und der Ring emailliert. Nach 1895 maßen die sächsischen Offiziers-Kokarden 55 mm. Es lassen sich an sächsischen Helmen jedoch auch Mannschafts- und Offiziers-Kokarden nach preussischer Art, mit dem gezacktem Rand, finden.
  • Hanseatische Kokarden hatten anstelle des 5 mm breiten Ringes ein Hanseaten-Kreuz oder auch Malteser-Kreuz (Bild 22).
  • Außerdem gab es die gerade genannten Kokarden mit „V“-förmiger Einkerbung (Bild 21 links) gelegentlich auch an Kokarden anderer Staaten, wie auf Bild 14 zu sehen ist.
Bild 22: Hanseatische Mannschafts Kokarde


Eigenarten der Hanseatischen Kokarden

Im Jahr 1867 schloss Preussen wie mit so vielen Deutschen Staaten in dieser Zeit, auch mit den Hansestädten Hamburg, Bremen und Lübeck eine Militär-Konvention ab (Hamburg: 23.6.1867; Bremen und Lübeck: 27.6.1867). Die Hanseatischen Truppen wurden daraufhin in die Preussische Armee integriert und ihre Soldaten trugen fortan den Preussischen Standardhelm mit der Hanseatischen Kokarde an der linken Seite und der Preussischen Kokarde an der rechten Seite. Die Gestaltung der Hanseatischen Landeskokarde lag in Verantwortung der jeweiligen Bundesherren, weshalb sie unterschiedlich aussehen konnten.

  • Bremen: Die Bremer Staatsangehörigen trugen von 1867-1897 die Hanseatische-Kokarde, eine weiße gefächerte Scheibe mit gezacktem Rand und einem roten Malteserkreuz darauf. Im Unterschied zum „Hanseaten-Kreuz“ hatte das „Malteser-Kreuz“ an jedem der 4 Enden des Kreuzes eine keilförmige Einkerbung. Die Bremer Staatsangehörigen dienten hauptsächlich in der Bremer-Garnison, in der das I. Bataillon des IR 75 stationiert war (ab 1893 auch das II. Bataillon). Ab 1897 trugen die Bremer Staatsangehörigen eine Kokarde nach preussischem Vorbild, in Weiß mit rotem Ring.
  • Hamburg: Die Hamburger Staatsangehörigen trugen von 1867-1897 ebenfalls die Hanseatische-Kokarde mit dem roten Malteserkreuz. Die Hamburger Rekruten dienten hauptsächlich im I. und II. Bataillon des IR 76 und waren in Hamburg stationiert. Ab 1897 zeigte die Hamburger-Kokarde ein echtes Hanseatenkreuz.
  • Lübeck: Bis 1913 dienten die Lübecker-Rekruten im III. Bataillon des IR 76, welches in Lübeck stationiert war. Die Kokarde der Lübecker Staatsangehörigen war bis 1897, wie in Bremen und Hamburg die Hanseatische, mit dem roten Malteserkreuz. Danach änderte sich die Kokarden-Gestaltung für Lübecker Staatsangehörige und das Malteserkreuz ging nicht mehr bis zum Rand der Kokarde, sondern reichte nur noch bis etwas über die Hälfte ihres Radius. Ab 1913 wurde in Lübeck das neu formierte IR 162 stationiert, die Kokarde der Lübecker-Staatsangehörigen änderte sich jedoch nicht. Hamburger Staatsangehörige, die in Lübeck stationiert waren, trugen nach 1897 die Hamburger Kokarde am Helm.

Warum wurde das Malteser-Kreuz auf der Kokarde getragen, wenn es eigentlich ein Hanseaten-Kreuz sein sollte?

Die Kokarde mit dem Hanseaten-Kreuz entstand im März 1813, als nach der Befreiung von der französischen Zwangsherrschaft aus den Kontingenten der Hansestädte eine eigene Hanseatische Legion gebildet wurde. Die Gestaltung geht auf Patrioten wie Friedrich Perthes, H. M. Speckter und Dr. Ferdinand Benecke zurück, die für diese Vereinigung ein gemeinsames Symbol erschaffen wollten. Einen historischen Zusammenhang zur Hanse, als gemeinschaftliches Symbol aller Hansestädte, hatte das Kreuz nicht. Als Vorbild hat Ihnen das Landwehrkreuz und das fast zur gleichen Zeit ersonnene und sehr populäre - Eiserne Kreuz - gedient, welches am 10. März 1813 gestiftet wurde.

Leider wurde das Hanseaten-Kreuz in den Vorschriften aber nie eindeutig definiert, weshalb es auch oft in Form eines Malteser-Kreuzes dargestellt wurde. Dies war vielleicht der schöneren Gestaltung oder vielleicht auch einer gewissen Unwissenheit geschuldet. Aber als 1867 die Hanseatische Kokarde entworfen wurde, nahm man wohl eine falsche historische Darstellungen zum Vorbild, weshalb nach 1867 ein Malteser-Kreuz die Hanseatischen Kokarden zierte.*1


*1 „Der freien und Hansestadt Hamburg Wappen, Siegel, Flagge u. Cocarde“, Autor C. F. Gaedechens (1855), Seite 58 - 60

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